„Langeweile ist der stärkste Feind des Glaubens!“

Hartmut Stropahl

Der Pastor verlässt enttäuscht seine Gemeinde, weil man ihm auch nach vielen Jahren nicht gestattet hat, die Kanzel von der linken Seite der Kirche auf die rechte Seite zu verschieben. Jahre später besucht er seine alte Gemeinde. Da sieht er, dass die Kanzel nun auf der rechten Seite steht. Verwundert fragt er seinen Nachfolger: „Wie hast du denn das geschafft?“ Der antwortet mit einem Augenzwinkern: „Jeden Tag einen Zentimeter.“ Abgesehen davon, dass die Frage nach dem richtigen Standort einer Kanzel nicht zu einer solch‘ gewichtigen Entscheidung führen sollte, wie der Pastor sie fasste: Die Anekdote macht deutlich, wie notwendige Veränderungen in einer Gemeinde am besten angepackt werden sollten, nämlich durchdacht und nicht im Hauruckverfahren.

Ein biblisches Beispiel für einen angemessen vorbereiteten und am Ende wirkungsvoll umgesetzten Veränderungsprozess ist der Wiederaufbau der Jerusalemer Stadtmauern nach dem Ende der babylonischen Gefangenschaft durch Nehemia. Warum dieser die damit verbundenen Strapazen auf sich nahm? „Wie könnte ich fröhlich sein, wenn die Stadt, in der meine Vorfahren begraben sind, zerstört ist und ihre Tore in Schutt und Asche liegen?“ (Nehemia 2,3). Die Not der Menschen in der ungeschützten Stadt Jerusalem hatte Nehemias Herz berührt. So wurde ihm der Bau der Mauer zur Leidenschaft.

Das Thema Leidenschaft leuchtete immer wieder auf in den Vorträgen, aus denen diese Gedanken stammen: Klaus-Günter Pache referierte am Sonnabend, 5. September 2020, auf der Fortbildung für Gemeinschaftsvorstände in der Aula der Christlichen Schule Kiel. „Wir müssen wollen, dass noch viele in den Himmel kommen“, beschrieb der emeritierte Pastor der Paulus-Gemeinde in Bremen (Mitglied im Mülheimer Verband freikirchlich-evangelischer Gemeinden) die angemessene Motivation für das Engagement von Christen in ihren Gemeinden.

„Die Langeweile, nicht Zweifel, ist der stärkste Feind des Glaubens“, lautete ein pointierter Satz des Referenten. Dieses Zitat des US-amerikanischen Philosophen und Theologen Peter Kreeft findet sich übrigens auch in Paches gerade erschienenem Buch „Auf dem Weg nach Hause – Was die Bibel über unsere ewige Zukunft sagt“ (Verlag SCM R. Brockhaus). Welche Relevanz eine Gemeinde in ihrer Umgebung und für das Leben ihrer Besucher habe, hänge, so Pache, sehr stark davon ab, ob sie bereit sei, sich in den Formen an die Gewohnheiten der Menschen anzupassen. „Tradition ist der lebendige Glaube derer, die schon tot sind. Traditionalismus ist der tote Glaube derer, die noch leben“, zitierte er den US-amerikanischen Theologiehistoriker Jaroslav Pelikan. Gleichzeitig rief der Referent dazu auf, sich nicht durch die Schnelllebigkeit unserer Gesellschaft bestimmen lassen. Und er plädierte dafür, der Predigt den größten Raum im Gottesdienst einzuräumen.

Als ihn daraufhin einer der mehr etwa 70 Teilnehmenden fragte, ob seine Thesen sich nicht zum Teil widersprächen, zuckte er lächelnd mit den Schultern. In diesem Moment wurde sehr deutlich, dass Klaus-Günter Pache eben kein Theoretiker ist, der eine inhaltlich in sich abgeschlossene Abhandlung zum Besten gab. Vielmehr erzählte er auf weiten Strecken frisch und lebendig von dem, was er als Pastor erlebt hat. Der Rucksack an Erfahrungen aus 38 Jahren in ein und derselben Gemeinde ist beeindruckend. Seine Leidenschaft, sein Humor und sein Glaube machten es leicht, ihm zuzuhören. Seine „Werbeeinlagen“ für ChurchTools und MeisterTask werden sicher Nachwirkungen in den Gemeinschaften haben. Es ist zu hoffen, dass der Fortbildungstag auch inhaltlich nachwirkt. Schließlich wollen wir doch, „dass noch viele in den Himmel kommen“.

Klaus Matthiesen

Impressionen von der Fortbildung in der Christlichen Schule in Kiel

In unserer Fotogalerie haben wir zahlreiche Schnappschüsse von der Fortbildung in Zeiten von Corona zusammengestellt – klicken Sie sich doch einfach einmal durch. Wir danken herzlich Fotograf Hartmut Stropahl, der uns diese Bilder zur Verfügung gestellt hat.